Wohl kein Thema bewegt die Netzgemeinde aktuell so stark wie das Aufkommen der Messenger- oder Chat-Bots gepaart mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Unternehmensumfeld. Facebook berichtet aktuell von mehr als 10.000 Entwicklern, die an der Erstellung von Chat-Bots für den Facebook-Messenger arbeiten.
Das gabs doch schon einmal?
Nun sind diese Chat-Bots eigentlich kein neues Thema. Schon am Anfang der 2000er Jahre wurde versucht einen zusätzlichen Service mithilfe von Chat-Bots auf Webseiten anzubieten.
Damals probten Webseiten wie IKEA und Yellow Strom mit charmanten Chat-Bots wie Anna (https://www.chatbots.org/virtual_assistant/anna_sweden/) und Eve (https://www.chatbots.org/virtual_assistant/eve/) einen First Level Support anzubieten.
In kleinen Pop-Up Fenstern erschienen die meist weiblichen „Servicekräfte“ als Flash-Animationen und boten ihre Hilfe beim Besuch der Webseite an. Mittels eines Eingabefeldes konnten nun die Webseitenbesucher Fragen stellen und Wünsche äußern.
Im Hintergrund bedienten sich diese Bots einer recht einfachen „Intelligenz“, die auf bestimmte Schlüsselwörter und -sätze bzw. hinterlegte Regeln ansprach. Basierend darauf konnten die virtuellen Helfer die Gesprächsverläufe in eine bestimmte Richtung lenken oder die gewünschten Webseiten für den Besucher automatisch aufrufen.
Doch blieben die Service-Bots meist nicht mehr als eine Technologiedemo. Zu groß war die Skepsis der damaligen Webseitennutzer, sich mit einer künstlichen Intelligenz zu unterhalten. So wurden die Chat-Bots meist weggeklickt oder die Nutzer versuchten, oft auch mittels recht anzüglicher oder negierenden Fragen, die künstliche Intelligenz an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu bringen.
Auch wenn sich die Bot-Technologie rasant weiter entwickelt hat, stellt sie damals wie heute noch eine echte Herausforderung dar, wenn es um die Bereitstellung eines gleichwertigen virtuellen Gesprächspartners geht.
Warum nun Chat-Bots?
Mit den Jahren haben sich auch die Nutzer und deren Verhalten verändert. Durch den verstärkten Einsatz mobiler Endgeräte und der zunehmenden Verwendung von Messenger-Programmen wie „Facebook-Messenger“, „Whatsapp“, „Slack“ oder „Telegram“ zeichnet sich ein anderes Verständnis und eine höhere Akzeptanz zu diesen Technologien ab.
Im Rahmen dieser Anwendungsfälle können Messenger-Bots mit einer künstlichen Intelligenz viele Aufgaben übernehmen.
Aktuell proben schon viele größere Unternehmen den Einsatz von Messenger-Bots im Rahmen ihres Omnichannel-Marketings.
KLM nutzt aktuell den Messenger-Bot um zum Beispiel dem Kunden seine Bordkarten zur Verfügung zu stellen oder über die Boarding-Zeiten zu informieren. In den Live-Chats sollen sogar Umbuchungen über den Chat-Bot möglich sein. Hier geht es zum KLM-Video (Youtube).
AIRNBN bietet aktuell auf Telegram einen Bot-Service an, bei dem durch Angabe des Ortes oder unter Nutzung der Geokoordinaten lokale Angebote übermittelt werden.
Im Fall der Messenger-Benutzung ist keine visuelle Interaktion erforderlich. Somit können aufwendige Animationssequenzen der Avatare entfallen. Auch ein Grund, warum diese dienstbaren Helfer von den Nutzern schneller akzeptiert werden.
So steht bei der Nutzung eines Messengers doch die kurze Interaktion im Vordergrund. Eine Frage soll möglichst kompetent und am besten zu jeder Tageszeit schnell beantwortet werden. Hier können Messenger-Bots einen weiteren Marketingkanal direkt zum Nutzer eröffnen.
Sehr praktisch hierbei ist die Aufzeichnung der Gespräche mit den erkannten Schlüsselwörtern. Auf dieser Basis können Unternehmen die Dialoge auswerten und ihr Angebot kontinuierlich optimieren.
Vielfach bieten die Messenger-Bots auch den direkten Eingriff durch eine „reale“ Servicekraft. Diese kann unter dem Namen des Bots direkt in den Dialog einsteigen. Somit kann die „User Experience“ des Kunden bei der Verwendung des neuen Marketingkanals nochmals gesteigert werden.
Aus Fehlern lernen
Bei der Serviceautomation wurden in der Vergangenheit viele Fehler im Rahmen der „User Experience“ gemacht, die nun nicht mit den Chat-Bots wiederholt werden sollten.
Die Auslagerung des First-Level-Supports mit Hilfe von Bots sollten wesentliche Benutzerhürden vermeiden.
Dazu zählen
- zu komplexe Navigationen, die ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordern
(„Wählen Sie 1 für …, wenn Sie… möchten wählen Sie die 2, wenn Sie Probleme mit .. haben wählen Sie 3…“ u.s.w), - langwierige Prozesse, die verhindern direkten Kontakt mit einem Menschen aufnehmen zu können,
- Spracheingabesysteme, die oftmals nur die Hälfte verstehen und darauf falsche Antworten geben.
Zusammengefasst kann gesagt werden: „halten Sie die Konversation simpel“.
Aktuell wird vielfach das Aufkommen der Messenger-Bots als erstes Anzeichen des Paradigmenwechsels im Web gesehen. Viele Nutzer finden es mittlerweile eher lästig für jede Anwendung eine eigene App mit dem dazugehörigen Loginprozess zu installieren.
Die Anbieter der großen Portale wie Google, Facebook oder Microsoft versuchen zusehends externe Angebote in ihre eigenen Plattformen zu integrieren. Somit kann dem Nutzer ein durchgängiges Nutzungserlebnis geboten werden, ohne das nervige An- und Abmeldeprozesse seinen Bedienungsfluss stören.